Warum unser Gehirn Bestätigung liebt
Unser Gehirn ist ständig damit beschäftigt, Ordnung in die Flut an Informationen zu bringen. Es arbeitet energiesparend – und dazu gehört, dass es lieber beim Bekannten bleibt, statt sich mit widersprüchlichen Fakten auseinanderzusetzen.
Stimmen neue Informationen mit unserem Weltbild überein, belohnt uns das Gehirn mit einem Schuss Dopamin – wir fühlen uns sicher und bestätigt.
Treffen wir auf Gegenteiliges, springt die Amygdala an: Stress, Unsicherheit, sogar Bedrohungsgefühle können entstehen.
Der präfrontale Kortex, zuständig für kritisches Denken, könnte zwar gegensteuern, aber oft ist es „bequemer“, die widersprüchliche Info einfach wegzuschieben.
So erinnern wir uns besser an Dinge, die unsere Überzeugungen stützen, und blenden andere lieber aus.
Die Falle im Alltag
Dieser Mechanismus ist praktisch, weil er uns Energie spart – aber er kann uns auch blind machen:
Wir lesen nur noch Nachrichten, die zu unserer Meinung passen.
Wir umgeben uns mit Menschen, die genauso denken wie wir.
Wir deuten selbst neutrale Fakten so, dass sie uns Recht geben.
Das Ergebnis: Wir leben in einer Filterblase, in der wir immer sicherer in unserem „Recht haben“ sind, aber die Vielfalt der Wirklichkeit verpassen.
Achtsamkeit als Gegenmittel
Hier kommt die Praxis der Achtsamkeit ins Spiel. Sie hilft uns, innezuhalten, wenn unser Gehirn im Autopilot Bestätigung sucht. Ein kleiner Moment der Pause eröffnet die Möglichkeit, eine andere Haltung einzunehmen:
Neugier statt Verteidigung: „Spannend – was könnte ich hier Neues lernen?“
Offenheit statt Verengung: „Welche Perspektive habe ich vielleicht noch nicht gesehen?“
Mitgefühl statt Härte: „Es ist menschlich, nach Sicherheit zu suchen – und gleichzeitig darf ich mich für mehr öffnen.“
Ein Experiment für den Alltag
Nimm dir heute eine kleine Situation vor: Lies einen Artikel oder höre einer Person zu, die eine ganz andere Meinung vertritt. Beobachte, wie dein Körper reagiert: Spannung, Widerstand, vielleicht Ärger. Atme bewusst. Spüre, wie es ist, mit dem Unbehagen einfach da zu bleiben – ohne sofort „dagegenzuhalten“. Vielleicht entdeckst du etwas, das du vorher nie gesehen hättest.
Zusammenfassung:
Der Bestätigungsfehler ist keine Schwäche, sondern ein natürlicher Teil unseres Gehirns. Doch mit Achtsamkeit können wir lernen, diese Filterblase zu durchbrechen und die Welt klarer, weiter und reicher wahrzunehmen. Nicht um uns selbst zu überfordern – sondern um wirklich in Kontakt mit der ganzen Wirklichkeit zu treten.